Das Land von Toblerone und Appenzeller ist erreicht. Nach der Einreise über die historische Stadtbrücke rollen die Teilnehmer Sekunden später vor das Rathaus im schweizerischen Teil der Stadt, um sich einen Bordkarten-Stempel abzuholen. Von hier geht es auf direktem Wege in die Einsamkeit. Das nächste Ziel heißt Saint Ursanne, eine Kontrolle später ist dann endlich Frankreich in Sichtweite.
Nach den morgendlichen Auftakt-Prüfungen in Deutschland folgen hier drei weitere Zeitmessungen auf dem Weg zur Mittagspause in Malbuisson. Alle Strecken sind neu kombiniert und wurden so noch nie bei den vorherigen AvD-Histo-Monte-Ausgaben gefahren. Nach dem verdienten Stopp am Lac de Saint-Point werden die Pisten noch einsamer und es geht erneut in die Höhe, die 1000-Meter-Marke wird fast immer überschritten. Vorbei an Mouthe, dem statistisch kältesten Ort Frankreichs geht es für einen kleinen Moment nochmal über die Grenze zur Schweiz und ziemlich sicher auch in den Schnee.
Der nächste Col wartet bereits und in den Vorjahren war dieser stets tief verschneit, so auch bei der vorletzten Roadbook-Kontrolle im Dezember des letzten Jahres. Es folgt ein willkommener Kaffee-Stopp in der Tram Bar von Confort. Eine letzte aber knackige Gleichmäßigkeits-Prüfung (GLP) folgt vor dem Etappenziel in Aix-les-Bains, vor dem Rathaus der Stadt warten Tourismus und Bürgermeister auf die vermutlich müden und geschafften Mannschaften. Das Abendessen im mondänen Casino der Stadt soll dann eine Entschädigung sein für die Strapazen des langen Tages.
Der Restart am Freitagmorgen ist ebenfalls neu. Zum ersten Mal startet die Oldtimer-Rallye im Yachthafen am Lac du Bourget, genau hier rollten auch die Teams der Rallye Monte Carlo im Jahr 1982 ein, unter Ihnen auch Walter Röhrl im Opel Ascona 400. Auf dem weiteren Weg in Richtung Mittelmeer gibt es aber noch einige echte Herausforderungen für die Teilnehmer von Deutschlands einziger internationaler Winter-Oldtimer-Rallye.
Unter anderem in der Chartreuse, die nicht nur eingefleischten Rallye-Fans ein Begriff ist. Über den Col de Granier und den Col du Cucheron geht es in Richtung Süden. Einem kurzen Abstieg zurück ins Tal folgt der nächste spannende Aufstieg. Zwei vollkommen neue Abschnitte mit sagenhaften Schluchten stehen für 2022 erstmals im Roadbook, dazu zwei weitere Original-Wertungsprüfungen längst vergangener Tage der Rallye Monte Carlo.
Vor der Mittagspause in dem nicht minder bekannten Ort Sisteron (hier war auch die AvD-Histo-Monte vor 15 Jahren schon einmal zu Gast) geht es über einen weiteren Bergpass, erst danach wird das Klima milder und die Luft salziger.
Nach dem Restart in der historischen Zitadellen-Stadt Sisteron kann die AvD-Histo-Monte die originalen Routen der Rallye Monte Carlo gar nicht mehr umfahren. Überall war der Rallye-Klassiker schon einmal unterwegs, überall zeugen bemalte Leitplanken und spektakuläre Orte von der Geschichte der berühmtesten Rallye der Welt und dem zugleich ältesten noch immer existierenden Motorsport-Event überhaupt. Die vier folgenden GLP sind Rallyepisten vom Feinsten, das Highlight ist für die Teilnehmer unter Garantie die Fahrt durch die Clue d’Aiglun (die Schlucht von Aiglun) am späten Nachmittag. Hier entstanden unzählige tolle Fotos von der Action der ganz großen Rallyestars, als diese sich mit 500 PS und mehr durch das in die Felswand gehauene Straßengeschlängel manövrierten. Mit Sicherheit werden auch die Fotografen der AvD-Histo-Monte hier vor Ort sein, um die schönsten Motive für das große Buch der AvD-Histo-Monte 2022 festzuhalten.
Der Schlucht von Aiglun folgt fast ansatzlos der Col de Bleine, Rallyefans bekommen auch hier feuchte Augen. Zuerst schraubt sich die nicht selten glatte und eisbedeckte Piste auf der Nordseite des Berges in die Höhe, bevor man nach der Passhöhe auf der Südseite endlich wieder festen Boden unter den Rädern hat. Über die letzte Prüfung des Tages fährt der Tross dann bei einsetzender Dunkelheit in den Ort Cabris und zum ersten Mal taucht am Horizont auch das Mittelmeer auf. Und weil die Monte schon immer genug Abwechslung zu bieten hatte, rollen die Teilnehmer keine zehn Minuten später durch die engsten Gassen knapp oberhalb der Parfümstadt Grasse. Der Bürgermeister von Cabris, damals selbst aktiver Rallyefahrer freut sich samt Ortspolizei ganz besonders auf den Besuch der Teilnehmer und Oldtimer.
Das Etappenziel liegt in diesem Jahr erstmals nicht am Rallye-Hotel in Cannes-Mandelieu, sondern in dem wenige Kilometer oberhalb gelegenen Örtchen Tanneron. Auch hier wird Rallye und Motorsport großgeschrieben. Der stellvertretende Bürgermeister hier ist kein geringerer als Motorrad- und Dakar-Legende David Casteu. Er startete mehrfach und sehr erfolgreich beim Wüstenklassiker in Afrika, war KTM-Werksfahrer, Vizemeister in der Rallye-Raid-WM und bei der Dakar im Jahre 2007. Er möchte persönlich vor Ort sein, wenn die Oldtimerteams vor dem Rathaus ihre Bordkarte abgeben müssen. Das einzige Restaurant im Ort ist ebenso begeistert von der Zielankunft der AvD-Histo-Monte und möchte allen Teilnehmern, die nicht sofort im Gewusel von Cannes abtauchen wollen, mit leckeren Kleinigkeiten aus der Speisekarte zum kurzen Verweilen und Verschnaufen überreden. Wer nicht bleiben möchte, kann vor der verdienten Nachtruhe noch einmal das Auto checken und unbedingt auftanken. Auch das Hotel Pullman hat danach eine eigene Rallye-Speisekarte für die Teams der AvD-Histo-Monte vorbereitet.
Der letzte Tag ist zwar der kürzeste der gesamten Tour, aber der mit den vermutlich meisten Kurven. Nach einer Überführungsetappe in Richtung Osten verlassen die Teams die Autobahn bei La Turbie oberhalb von Monaco. Der Einstieg in die Berge und damit wieder auf Original-Strecken der Rallye Monte Carlo hört auf den Namen Col de La Madone. Diese Prüfung gehörte früher zur legendären „Nacht der langen Messer“, der letzten und finalen Schleife bei der Monte, an der nur die besten der Rallye teilnehmen durften. Auch bei der aktuellen Monte war der Col de la Madone Teil der Strecke, zuletzt vor wenigen Jahren als finale Superstage, die sogar mit Extra-Punkten für die WM gewertet wurde.
Von der „Nacht der langen Messer“ kann kaum einer bessere Geschichten erzählen, als Rallye-Weltmeister Walter Röhrl. Im Opel Commodore schied er auf dieser Prüfung im Jahr 1973 unglücklich mit gebrochener Halbachse aus. Und das nach einer über 5000 Kilometer langen Anreise und dem Startort in Oslo. In Sichtweite von Monaco kam das Aus im Örtchen St. Agnes, exakt an dieser Stelle werden auch die Teams der AvD-Histo-Monte vorbeifahren, … hoffentlich jedoch ohne Probleme.
Denn nach einer weiteren und letzten GLP auf französischem Gebiet unweit von Sospel geht es rüber nach Italien. Auch hier werden allesamt historische Prüfungen unter die Räder genommen. Die bekannteste führt über den Colle Langan, der sowohl bei der Rallye Monte Carlo als auch der Rallye San Remo ein besonders anspruchsvoller Teil der Weltmeisterschaft war. Die Pisten in Italien präsentieren sich deutlich enger und winkliger, dafür entschädigt endgültig das letzte Mittagessen im Ristorante Dall’Ava im beschaulichen San Romolo.
Nach selbstgemachter Pasta, Dolce und Café geht es endlich (oder leider) in Richtung Hafen von Monaco. Eine letzte Prüfung in Richtung Perinaldo muss noch gemeistert werden, dann geht es runter ans Meer und über ein kleines Stück Autobahn auf dem schnellsten Weg ins Ziel für den verdienten Empfang. Sie sind im Ziel? Nein. Sie haben nur den Text zu Ende gelesen. In Wirklichkeit findet die gesamte Reise auf den Spuren der Rallye Monte Carlo vom 07.-12.02.2022 statt. Und erst am Samstag, den 12.02.2022 werden die Teams gegen 15:00 Uhr tatsächlich zwischen den schaukelnden Luxusyachten auf dem Quai Albert 1er stehen.
Die Anzeichen für eine reibungslose AvD-Histo-Monte 2022 sind bisher sehr gut, alle Signale stehen trotz aller widrigen Umstände auf grün. Die vielen Genehmigungen der knapp 2000 Kilometer langen Veranstaltung liegen vor. Man sieht sich also am Start in Rothenburg ob der Tauber. Dort heißt es am Dienstag, den 08.02. um 17:00 Uhr: „Start frei, please start your engines…“
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