Auf der Alb und im Schwarzwald wird das Feld kalt abgeduscht – dafür ist der Wettbewerb spannend wie nie

In der Geschichte der Rallye Monte Carlo mangelt es nicht an Heldensagen im Schnee oder auf trockenem Asphalt, Regen spielte in den 114 Jahren eigentlich keine große Rolle, das ändert nun die AvD-Histo-Monte. Die hat ihren eigenen Wetterfrosch, und der könnte mit Fug und Recht einen Eintrag im Guinness-Buch beantragen, denn er ist fünfeinhalb Meter lang und einsvierundneunzig breit. Und siehe, das Dach ist zu, als der Oldsmobile Delta 88 Convertible gegen acht am Morgen aus dem Spitaltor in Rothenburg rollt. Schon eine gute Stunde nach dem Start um 7:30 Uhr fängt es an zu tröpfeln.  „Schnee ist kein Problem, aber Regen ist Mist“, hat der unverwüstliche Hannes Streng mit Sorge um die Polster schon am Vorabend verkündet, als er mit gefütterter Mütze und offenem Verdeck aus dem Prolog rollte. Streng wird heute keine Gelegenheit haben, das Dach zu öffnen.

Einmal über die ganze Länge der Schwäbischen Alb von Schwäbisch Gmünd im Nordosten bis Balingen führt die Fahrt am Morgen. Mittags winkt die Burg Hohenzollern vom linken Wegesrand. Das Wetter wechselt zwischen Niesel und fiesfeinem Landregen. Dazu weht das, was die Iren den „lazy wind“ nennen, das ist der, der zu faul ist, um dich herumzuwehen.

Restart am frühen Morgen in Rothenburg ob der Tauber. Jens Herkommer startet erstmal mit Mechaniker Mike Poppe bei dem Winter-Klassiker, als amtierender Sieger gewinnt er den Prolog und mit einem hauchdünnen Vorsprung auch den ersten offiziellen Fahrtag.

Auf dem Trockenen sitzt die Besatzung des Porsche 911 Turbo mit der Nummer 34. Eine Benzinleitung ist durchgescheuert, da ist selbst der AvD-Pannendienst machtlos. Jochen James Fischer und Heiko Harms treten die Heimreise an. Fliegende Hitze lautet die Diagnose am Lancia Beta mit der Nummer 43, der Auspuff ist gebrochen. Eine halbe Stunde später ist die Italienerin wieder unterwegs. Neben der Shell-Tankstelle in Geislingen, wo Carsten und Cilian Scherhans die Bescherung entdecken, ist zum Glück eine Werkstatt, die den Auspuff „mal eben“ schweißt. Der rare Honda Prelude mit der Nummer 48 hatte leichten Feindkontakt. Jürgen Konrad und Inge Rauch treffen verspätet im Etappenziel ein, versichern aber, am Folgetag als eines von 71 verbleibenden Teams wieder anzutreten.

Stimmung ohne Auto im Bild: erstmals ging es in Gegenrichtung über den knapp 1200 Meter hohen Kandel. Ein strammer Wind, waagerechter Regen und aufziehender Nebel sorgten für diesen einzigartigen Moment, den Fotografin Lena Willgalis am Abend festgehalten hat.

Veit König fehlt es am späten Nachmittag ein wenig an Ladedruck. Mit zu Schlitzen zusammengekniffenen Augen steht der 60-Jährige bei hereinbrechender Dunkelheit an der rot leuchtenden Avia-Tankstelle in Sankt Märgen. „Ich schlaf gleich ein“, sagt der Erzgebirgler, nachdem er sich durch das Hexenloch gekämpft hat, da wo der Schwarzwald am schwärzesten ist. König bringt mit seinem 1993er Suzuki Swift einen willkommenen, exotischen Farbtupfer ins Feld. Mehr als 100 Rallyes hat König in drei Jahrzehnten bestritten, allesamt auf Suzukis, kein Wunder, der Sachse betrieb ein Suzuki-Autohaus. Zum 50. Geburtstag gönnte er sich und Beifahrer Andreas Schwalie einen Start bei der Rallye Monte Carlo, die Histo-Monte leistet sich das Duo zur 60. Jubelfeier. Es ist Königs erster Start bei einer Gleichmäßigkeits-Veranstaltung.

Von wegen nur ein Suzuki Swift. Mit genau diesem Fahrzeug startete man bereits 1993 bei der schnellen Rallye Monte Carlo, über 30 Jahre später ist der Wagen wieder dabei, diesmal geht es mit der AvD-Histo-Monte in Richtung Fürstentum Monaco.

Einen überdachten Platz zum Basteln beantragt im Dorint-Hotel an den Thermen in Freiburg die Startnummer 53. Am Renault 5 Turbo von Andreas Zunehmer und Rolf Pellini hat die Tachowelle Aussetzer und damit auch der Tripmaster. Immerhin hat sich im Breisgau kurzfristig das Wetter repariert. Zehn Kilometer vor dem Etappenziel nach 414 Kilometern hört der Regen auf. Eben noch hat es auf dem Kandel geblasen und geschüttet, jetzt ist die Straße knochentrocken und im Breisgau weht ein laues Lüftchen.

Für eine gute Nacht. Die Zusatzscheinwerfer an der Lancia Fulvia werden justiert und kontrolliert. Das muss auch mal in einer dunklen Hotel-Tiefgarage klappen, bevor es morgen in Richtung Aix-les-Bains weitergeht.

Für die Rheinüberquerung morgen in die Schweiz ist schon wieder eine kalte Dusche vorhergesagt, aber das tut dem heißen Kampf an der Spitze keinen Abbruch. Nach der Machtdemonstration im Prolog gewinnt Jens Herkommer im Gruppe-B-Skoda 130 LR auch die erste amtliche Etappe. Bei insgesamt 75 geheimen Messungen sammelt der Vorjahressieger nur 36 Strafsekunden,. Ein echtes Polster ist das nicht: Christian Köppen und Patrick Seitz liegen als Zweite im Lancia Delta Integrale gerade mal drei Punkte dahinter. Selbst der sechsmalige AvD-Histo-Monte Sieger und heutige Tourchef Peter Göbel zieht den Hut: „Der Köppen ist auf dem Kandel von 14 Messungen 12 mal null gefahren.“ Dass die Zweitplatzierten den Atem der Dritten nicht spüren liegt nur daran, dass das Scherhans-Duo im geflickten Lancia Beta bereits neben dem Delta liegt, und zwar punktgleich.


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